Banksy ist eine
Marke. Jeder kennt seine Bilder, die er lässig bei Nacht und Nebel
sprüht. Wer sich wirklich hinter dieser längst hochgehandelten
Kunst verbirgt, weiß man nicht. Wurde der große Unbekannte früher
von Polizisten und Putzkolonnen verfolgt, sind es jetzt die Sammler.
Und die müssen schnell sein, echte Banksys sind rar.
Schon deshalb
ist die Ausstellung „Banksy – King of Urban Art @ Munich“ in
der Galerie Kronsbein eine Sensation:
Rund 40 Werke kommen hier
zusammen, das ist die erste umfangreiche Präsentation in
Deutschland.
15. April bis 10. September 2016 in der
Galerie Kronsbein
Ausgesuchte Originale und Editionen
treffen hier in einer reizvollen Mischung aufeinander. Da wären zum
einen – man darf ruhig sagen – Ikonen wie die Gangster- oder
„Paparazzi Rat“, aber auch die Hommage an den großen Vorgänger
Keith Haring und dessen Hund unter dem Titel „Chose Your Weapon“.
Zum anderen werden komplexere Arbeiten zu sehen sein wie die beiden
Versionen von „Toxic Mary“, die den Jesusknaben mit einem
Fläschchen füttert, auf dem ein Totenkopf pappt (in der Ausstellung
wird ein Original gezeigt).
Typisch Banksy ist das, der
Street-Art-Hero kennt keine Tabus. Die Queen – und das kommt im
Vereinigten Königreich der Gotteslästerung gleich – erscheint in
der Ausstellung als Schimpansendame im royalen Ornat und zur
Abwechslung mit Ziggy-Stardust-Blitz überm Antlitz. Auf einer gut
sichtbaren Fassade knutschen zwei Bobbys, und Premierminister Winston
Churchill muss sich eine giftgrüne Irokesenbürste gefallen lassen,
die wie ein Staublappen über seiner erhöhten Stirn liegt. Man hört
förmlich die näselnden Proteste distinguierter Gentlemen aus den
diversen Londoner Clubs.
Genau das macht die Qualität des
Guerillasprayers aus. Deshalb sind Kunstagenten und potente Sammler
hinter seinen Stencils her. Und es verwundert nicht, dass zu diesem
Zirkel auch Hollywoodstars gehören, wie Leo DiCaprio („Titanic“
bis „The Revenant“) und das Powerpaar Angelina Jolie und Brad
Pitt, der sich regelmäßig auf der Art Basel blicken lässt. Oder
Coldplay-Frontmann Chris Martin, der bei einer Auktion von Banksys
geradezu romantischem „Herz-Ballon“-Mädchen Bette Midler und
Kevin Bacon eiskalt aus dem Rennen warf. Und dann wäre da noch
Model-Elfe Kate Moss, die nicht nur Banksys sammelt, sondern vom
Meister als Marilyn Monroe à la Andy Warhol verewigt wurde („Girl
with Balloon“ und „Kate Moss“ werden in der Kronsbein
Ausstellung zu sehen sein).
Aber was weiß man nun über diesen
Master of Urban Art? Eigentlich nur, dass er um die 40 sein muss und
aus Bristol stammt. Wenn Fotos vom angeblich echten Banksy
auftauchen, folgt sofort das Dementi. Und immer wieder kommt die
Vermutung auf, dass es sich nicht um einen einzelnen Akteur, sondern
um ein Künstlerkollektiv handelt. Das würde zumindest die
inzwischen weltweiten Einsätze erklären.
Eindeutig ist dagegen Banksys soziale
wie politische Haltung. Und die reicht über seine Stencils hinaus.
Einem in Finanznot geratenen Jugendclub seiner Heimatstadt vermachte
er das Bild „Mobile Lovers“. Das Liebespaar, das bei der Umarmung
aufs jeweilige Smartphone schaut, soll dem Sportclub eine
sechsstellige Summe eingebracht haben. Damit können junge Leute in
Bristol nun weiterhin boxen – was Banksy wahrscheinlich auch hier
getan hat.
Nicht zuletzt aufgrund dieses
Engagements begleitet die Münchner Ausstellung eine Charity-Aktion
zu Gunsten der Initiative Sport Chance (sport-chance.de). Durch den
Verkauf von Banksy-Marketing-Artikeln wird ein Projekt gefördert,
das Jugendliche in schwierigen Situationen über den Boxsport
motiviert und unterstützt. Weil das Konzept unter dem Dach des
Sportvereins der Stadtwerke bestens ankommt, soll es nun
international ausweitet werden.
Schließlich demonstriert gerade das
Mysterium Banksy, dass der Weg zum Erfolg nicht immer über die
komfortabelsten Straßen führt und selbst das kurioseste Konzept
funktionieren kann. Jüngstes Beispiel wäre die gruselig-böse
Trash-Version eines Freizeitparks im tristen englischen Ferienort
Weston-super-Mare: „Dismaland“ zog in nur fünf Wochen rund 150
000 Besucher an, die begrenzten Kartenkontingente waren dauernd
ausverkauft und brachten der Stadt 27 Millionen Euro ein. Das muss
Banksy auch erst einer nachmachen.
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