1. November 2010

Schwierig, schwierig...!

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Berlin streetart Bücher 'berlin city language' + 'street art Berlin'

!-_-.4rtist.com#-_-

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Posted: Apr 21 2006, 07:44PM
da der prestel Verlag inzwischen 2 Bücher
ohne Nennung der künstler veröffentlicht hat gab es folgenden Schriftwechsel zwischen Gould und dem Verlag.

Aus meiner Sicht liegt in meinem Falle auch eine Verletzung
meines copyrights vor , da temporäre Dinge im 2ten Buch
veröffentlicht sind.
Bei temporären Gestaltungen mit einer verweildauer kürzer
als ein halbes Jahr liegt das copyright beim Künstler.

Genau weiß dies die Vg Bild-Kunst bildkunst.de


Der oben erwähnte schriftwechsel

Diese Mail, die entweder ich Euch geschickt habe oder
die Euch von einem Freund weitergeleitet wurde,
enthält meinen Briefwechsel mit dem Müchner Prestel
Verlag. Es geht um das Photobuch 'Berlin Street Art'
von Sven Zimmermann, das letztes Jahr erschienen ist
und von den darin enthaltenen Künstlern insgesamt als
ärgerlich empfunden wird.

Die Mail besteht aus drei Teilen:
1. Mein Aktueller Brief an den Prestel Verlag
2. Die Stellungnahme des Anwaltes vom Prestel Verlag,
zitiert aus dem Brief an mich
3. Meine ursprüngliche Mail an den Prestel Verlag

Wenn Euch das Thema als relevant erscheint, würde ich
mich freuen, wenn Ihr meine Mail weiterleitet oder
sogar zur Diskussion in irgendwelche Foren stellt.
Achtet dabei aber bitte auf zwei Dinge:
- Bitte schickt es nur an Leute, Seiten oder Foren,
die das ganze auch tatsächlich interessieren könnte!
Es gibt schließlich nichts Schlimmeres als wahllos
versendete Kettenbriefe.
- Bitte löscht meine Mailadresse beim Weiterleiten aus
der Mail.

Wenn Ihr wiederum völlig anderer Meinung seid als ich
oder Anregungen habt, würde mich das natürlich auch
interessieren!

Vielen Dank und liebe Grüße,

Gould (der langsamste Plakatierer Berlins)


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1. Mein aktueller Brief an den Prestel Verlag:


Sehr geehrter Herr [... Name in Originalbrief
enthalten],

dies ist ein offener Brief. Ich antworte Ihnen hiermit
auf Ihr Schreiben vom 31. März 2006, das einer E-Mail
meinerseits vom 03. März 2006 folgte. Als
Geschäftsführer des Prestel Verlags haben Sie mir in
Ihrem Brief angeboten, in die zweite Auflage des von
Ihnen verlegten Buches 'Berlin Street Art' von Sven
Zimmermann einen Hinweis auf meine Urheberschaft
aufzunehmen und mir 100 Freiexemplare zukommen
zulassen, 'um diese Angelegenheit zu regeln'. Den
längsten Teil Ihres Schreibens hat die Stellungnahme
Ihres Anwaltes eingenommen, der behauptet, daß
jegliche kommerzielle Nutzung von Street Art absolut
rechtens sei (!).

Daß Sie direkt einen Juristen hinzugezogen haben, hat
mich etwas verwundert. Hat meine Mail an Sie das
tatsächlich herausgefordert? Wenn ich den Prestel
Verlag wirklich hätte verklagen wollen, hätten Sie
schließlich Post von einem Anwalt gekriegt! Mir wäre
es lieber gewesen, wenn Sie mir nicht
formell-juristisch sondern editorisch-verlegerisch
geantwortet hätten, ob Sie meine Probleme mit Ihrem
Buch nachvollziehen können und ob Sie offen für
Verbesserungsvorschläge seitens der Street Art
Aktivisten sind. Schließlich habe ich meine Mail trotz
der enthaltenen Kritik bewußt sachlich und außerdem
gänzlich frei von finanziellen Forderungen gehalten,
weil mir natürlich bewußt ist, daß Sie in München kein
Experte für Berliner Straßenkunst sein können! Doch
gerade deshalb sind Sie ja auch nicht in der Lage, die
Qualität von Sven Zimmermanns Arbeit zu beurteilen,
welche Sie in die zweite Auflage schicken. Daraus
erklärt sich auch, warum Ihnen zum Beispiel die im
Buch enthaltene Photomontage nicht nur nicht
aufgefallen ist, sondern Sie diese sogar gerne
verwendet haben, um 'Berlin Street Art' zu bewerben!
Oder ist das vorsätzlich geschehen? Hätte in diesem
Fall Ihr Anwalt für solch eine Täuschung der Käufer
auch eine Rechtfertigung parat?
Als ich Ihnen in meiner Mail das Zahlenbeispiel
gegeben habe, daß fast ein Viertel der Photoseiten von
'Berlin Street Art' Arbeiten von mir enthält, so habe
ich das getan, um Ihnen im Verlag deutlich zu machen,
daß Sven Zimmermann dem Titel seines Buches in
keinster Weise gerecht geworden ist. Er hat nicht mal
annähernd versucht, einen Eindruck von Berlin und den
vielen, hervorragenden und auf die verschiedenen
Stadtteile verteilten Street Art Aktivisten zu
vermitteln. Stattdessen hat er größtenteils in seiner
Nachbarschaft Berlin-Friedrichshain geknipst und dabei
eine sehr überschaubare Anzahl von Straßenkünstlern
erwischt.

Ihr Brief könnte folgendermaßen zusammenfaßt werden:
'Dir steht absolut gar nichts zu! Trotzdem darfst Du
100 Exemplare des Buches haben. Das bedeutet jedoch
nicht, daß Dir irgendetwas zustände!'
Sie drängen mich in die Position eines lästigen
Bittstellers. Mir erscheint es so, daß Sie Ihren
Umgang mit meinen Arbeiten und denen der anderen
Straßenkünstler selbst nicht für ganz sauber halten.
Zudem wirkt Ihre Gesetzesauslegung äußerst windig,
wobei ich von einem Anwalt, der von Ihnen beauftragt
und bezahlt wird, natürlich keine andere, dem Prestel
Verlag eventuell sehr ungelegene Rechtsauffassung
erwartet hätte!

An Ihren Freiexemplaren bin ich nicht interessiert!
Ich habe an Sie keinerlei 'Honoraransprüche' gestellt.
Insofern ist der Sachwert Ihres überraschenden
Angebotes wahrscheinlich sogar recht großzügig, der
idelle Wert allerdings absurd bis unverschämt. Wie aus
meiner Mail deutlich geworden sein dürfte, hat mir
'Berlin Street Art' von seiner Machart her keine
Freude bereitet. Was soll ich also Ihrer Meinung nach
mit 100 Stück davon anfangen? Sie an die anderen
verärgerten Straßenkünstler verteilen, deren Werke
darin ebenfalls zu Geld gemacht werden? Mir erscheint
das ganze wie eine Schweigegeldzahlung. Ich will mich
mit Ihrem Buch nicht gemein machen!

Was den von Ihnen in Aussicht gestellten
Urheberschaftsnachweis angeht, so habe ich mich, um
eine Sonderbehandlung meiner Arbeiten zu vermeiden,
direkt nach Empfang Ihres Briefes hingesetzt und ein
Künstlerregister für das gesamte Buch verfaßt, so wie
es in anderen Bildbänden Ihres Verlages ganz
selbstverständlich enthalten ist. Ich frage mich aber
inzwischen, warum ich Ihnen freiwillig die Arbeit
abnehmen sollte, die Sie allem Anschein nach noch
nicht einmal für nötig erachten? Ihr Anwalt schreibt
dazu, daß man die Namen bzw. 'Signaturen' der
einzelnen Künstler, sofern sie in den jeweiligen
Arbeiten enthalten seien, auch in den von Ihnen
publizierten Abbildungen dieser Arbeiten finden könne.
Auf diese Weise versuchen Sie Ihren editorisch
miserablen Umgang mit fremder Kunst zu legetimieren,
während Sie gleichzeitig mit der Covergestaltung Ihres
gerade erschienenen Nachfolgewerkes zu 'Berlin Street
Art' beweisen, daß Ihnen der in einer Arbeit
enthaltene Künstlername ebenfalls nichts, aber rein
gar nichts wert ist: Das Plakat der Künstlergruppe
F*CK YOUR CREW gefällt Ihnen zwar so gut, daß Sie es
zum Titelbild von 'City Language Berlin' machen, aber
Sie retuschieren schamlos den Künstlernamen aus dem
Photo heraus, um an gleicher Stelle den Titel Ihres
Buches einzusetzen! Darf man solch eine Dreistigkeit
etwa professionelle Verlagsarbeit nennen? Haben Sie
das bei den Titelbildern mit Grosz, Beckmann oder
Klimt ähnlich gehalten?

Ihren renommierten Verlag habe ich während meines
Kunstgeschichtsstudiums kennen- und schätzengelernt.
Ich habe mich in der letzten Zeit immer wieder
gefragt, warum gerade aus Ihrem Hause zwei solche
'Problemkinder' kommen. Die Antwort ist ganz einfach:
Die zwanzig anderen mir bekannten Street Art-Bücher,
die international in den letzten Jahren erschienen
sind, stammen allesamt von Mitgliedern der Street
Art-Szene selbst oder Leuten, die Kontakt zu den
Aktivisten und Künstlern aufgebaut haben. Dieses
Vorgehen kann ich Ihnen nur empfehlen, wenn Sie nicht
nur Interesse an einem Buch mit guten Verkaufszahlen,
sondern auch an einem guten Buch mit guten
Verkaufszahlen haben sollten.
Es ist wirklich nicht schwer, an die Künstler,
Schreiber und Dokumentatoren von deutscher und
internationaler Street Art heranzukommen! Glauben Sie
mir, diese Leute haben noch sehr viel bessere Photos
auf ihren Festplatten als irgendein Sven Zimmermann,
können Geschichten zu den Arbeiten erzählen, spannende
Zustandsveränderungen aufzeigen, eine Systematik
erstellen und außerdem das nötige
Verantwortungsbewußtsein einbringen! Von solchen
Leuten bekämen Sie dann auch auf keinen Fall
Photomontagen untergejubelt, die der Glaubwürdigkeit
der anderen Bilder unnötig schaden.
Ein gewisses Maß an redaktioneller Sorgfältigkeit
sollte man doch von einem Buch des Prestel Verlags
erwarten dürfen, vor allem, wenn es sich in kurzer
Zeit so gut verkauft hat, daß schon eine zweite
Auflage geplant und zudem bereits ein Nachfolgewerk
erschienen ist!

Mit freundlichen Grüßen,



[... Name in Originalbrief enthalten]


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2. Prestel Verlag, Stellungnahme des Anwaltes, zitiert
aus dem Brief an mich:


„Die in unserem Buch enthaltenen Abbildungen wurden
von öffentlichen Flächen aus hergestellt, die frei
zugänglich sind. Damit geht das Urheberrechtsgesetz
davon aus, dass jemand, der Street Art auf solche
öffentlich einsehbare Flächen anbringt, damit zugleich
auch eine Widmung vornimmt, die dahin lautet, dass sie
öffentlich verwendbar sind.

Deshalb statuiert § 59 Urheberrechtsgesetz
ausdrücklich, daß die Vervielfältigung, Verbreitung
und öffentliche Wiedergabe solcher Kunstwerke
einschränkungsfrei zulässig ist und auch gewerblich
genutzt werden darf. Aus dieser freien Nutzbarkeit
folgt, daß der Urheber von Street Art keinen Anspruch
gegen denjenigen hat der das entstandene Werk durch
Photographie, Buch, Kalender, Film oder auch in sonst
beliebiger Weise vervielfältigt und verbreitet.

Auch eine Benennung als Urheber steht einem Street Art
Künstler jedenfalls dann nicht zu, wenn am
betreffenden Werk keine oder keine eindeutige Signatur
vorgenommen wird. Denn der Verzicht auf eine Signatur
zeigt den Willen, als Künstler anonym zu bleiben, weil
der Street Art Künstler wissen muß, daß es für den
Betrachter des Kunstwerkes keine Möglichkeit gibt,
seinen Namen und seine Adresse herauszufinden.
Soweit Signaturen vorhanden sind, sind diese in
unseren Abbildungen mit enthalten. Insofern ist also
eine Benennung des Künstlers allein durch die
Abbildungen erfüllt.

Schließlich ist eine Anspruchstellung des Künstlers
auch deshalb rechtlich problematisch, weil nie sicher
sein kann, ob es sich um das Werk eines Künstlers
handelt oder ob möglicherweise ein Werk durch
Übermalen, Verändern oder Ergänzen durch einen anderen
Künstler modifiziert wurde.'


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3. Meine ursprüngliche Mail an den Prestel Verlag:


Sehr geehrte Damen und Herren des Prestel Verlags!

Ihr Buch 'Street Art Berlin' (von Sven Zimmermann) hat
mich, einen der darin enthaltenen Künstler,
erschüttert. Wie kann es sein, daß ein solch
renommierter Verlag wie der Ihre ein Buch anbietet, in
dem derart sorglos mit den Ideen und Kunstwerken
Dritter umgegangen wird, ohne daß die Urheber um
Erlaubnis gefragt werden? Dies wäre durchaus möglich
gewesen, da die gezeigten Arbeiten fast ausnahmslos
von nur einer kleinen Gruppe von Künstlern aus
Berlin-Friedrichshain stammen. Als Beispiel: Das Buch
enthält knapp 90 Photo-Seiten. Auf genau 20 dieser
Seiten sind Arbeiten von mir zu sehen!
Wie ich gerade in einem Interview gelesen habe, hat
Sven Zimmermann auf die Frage, warum er sich nicht mit
den Künstlern in Verbindung gesetzt habe, geantwortet,
daß er beim Konzert einer Band, die er toll findet,
nicht unbedingt in den Backstage-Bereich gehen müße.
Um dieses sinngemäß wiedergegebene Sprachbild
aufzugreifen, möchte ich betonen, daß Sven Zimmermann
viel eher auf dem Konzert der Band ein Aufnahmegerät
eingeschaltet hat und nun den Live-Mitschnitt
verkauft, ohne die Musiker jemals gefragt zu haben!
Zahlreiche andere Buchprojekte oder Medien wie das
Berliner Stadtmagazin Zitty oder der Fernsehsender
Arte haben mich auch kontaktiert, bevor sie meine
Arbeiten abgebildet haben. Solch ein
verantwortungsbewußter Umgang mit Ideen und
Kunstwerken sollte doch selbstverständlich sein, oder?

Also die anderen im Buch enthaltenen Künstler und ich
sind ratlos! Wie kann man nun damit umgehen? Wie
bewerten Sie den Fall?

Mit freundlichen Grüßen,

Gould

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