8. April 2016

Banksy – King of Urban Art @ Munich

Banksy ist eine Marke. Jeder kennt seine Bilder, die er lässig bei Nacht und Nebel sprüht. Wer sich wirklich hinter dieser längst hochgehandelten Kunst verbirgt, weiß man nicht. Wurde der große Unbekannte früher von Polizisten und Putzkolonnen verfolgt, sind es jetzt die Sammler. Und die müssen schnell sein, echte Banksys sind rar. 
Schon deshalb ist die Ausstellung „Banksy – King of Urban Art @ Munich“ in der Galerie Kronsbein eine Sensation: 
Rund 40 Werke kommen hier zusammen, das ist die erste umfangreiche Präsentation in Deutschland.

15. April bis 10. September 2016 in der Galerie Kronsbein


Ausgesuchte Originale und Editionen treffen hier in einer reizvollen Mischung aufeinander. Da wären zum einen – man darf ruhig sagen – Ikonen wie die Gangster- oder „Paparazzi Rat“, aber auch die Hommage an den großen Vorgänger Keith Haring und dessen Hund unter dem Titel „Chose Your Weapon“. Zum anderen werden komplexere Arbeiten zu sehen sein wie die beiden Versionen von „Toxic Mary“, die den Jesusknaben mit einem Fläschchen füttert, auf dem ein Totenkopf pappt (in der Ausstellung wird ein Original gezeigt).
Typisch Banksy ist das, der Street-Art-Hero kennt keine Tabus. Die Queen – und das kommt im Vereinigten Königreich der Gotteslästerung gleich – erscheint in der Ausstellung als Schimpansendame im royalen Ornat und zur Abwechslung mit Ziggy-Stardust-Blitz überm Antlitz. Auf einer gut sichtbaren Fassade knutschen zwei Bobbys, und Premierminister Winston Churchill muss sich eine giftgrüne Irokesenbürste gefallen lassen, die wie ein Staublappen über seiner erhöhten Stirn liegt. Man hört förmlich die näselnden Proteste distinguierter Gentlemen aus den diversen Londoner Clubs. 

Vor fast zehn Jahren hat die in der israelischen Westbank entstandene Arbeit „Donkey Documents“ nicht nur im Nahen Osten für Diskussionsstoff gesorgt. Denn sie führt einen Soldaten mit Maschinengewehr vor Augen, der die Ausweisdokumente eines Esels kontrolliert. Das Bild ist ein Paradebeispiel für Banksys subversiven Humor, der zugleich in tiefen Empfindlichkeiten rührt und ein jahrzehntelanges Politikum mit einfachen Figuren und einem simplen Sachverhalt aufs Tableau bringt.
Genau das macht die Qualität des Guerillasprayers aus. Deshalb sind Kunstagenten und potente Sammler hinter seinen Stencils her. Und es verwundert nicht, dass zu diesem Zirkel auch Hollywoodstars gehören, wie Leo DiCaprio („Titanic“ bis „The Revenant“) und das Powerpaar Angelina Jolie und Brad Pitt, der sich regelmäßig auf der Art Basel blicken lässt. Oder Coldplay-Frontmann Chris Martin, der bei einer Auktion von Banksys geradezu romantischem „Herz-Ballon“-Mädchen Bette Midler und Kevin Bacon eiskalt aus dem Rennen warf. Und dann wäre da noch Model-Elfe Kate Moss, die nicht nur Banksys sammelt, sondern vom Meister als Marilyn Monroe à la Andy Warhol verewigt wurde („Girl with Balloon“ und „Kate Moss“ werden in der Kronsbein Ausstellung zu sehen sein). 

Aber was weiß man nun über diesen Master of Urban Art? Eigentlich nur, dass er um die 40 sein muss und aus Bristol stammt. Wenn Fotos vom angeblich echten Banksy auftauchen, folgt sofort das Dementi. Und immer wieder kommt die Vermutung auf, dass es sich nicht um einen einzelnen Akteur, sondern um ein Künstlerkollektiv handelt. Das würde zumindest die inzwischen weltweiten Einsätze erklären.
Eindeutig ist dagegen Banksys soziale wie politische Haltung. Und die reicht über seine Stencils hinaus. Einem in Finanznot geratenen Jugendclub seiner Heimatstadt vermachte er das Bild „Mobile Lovers“. Das Liebespaar, das bei der Umarmung aufs jeweilige Smartphone schaut, soll dem Sportclub eine sechsstellige Summe eingebracht haben. Damit können junge Leute in Bristol nun weiterhin boxen – was Banksy wahrscheinlich auch hier getan hat. 

Nicht zuletzt aufgrund dieses Engagements begleitet die Münchner Ausstellung eine Charity-Aktion zu Gunsten der Initiative Sport Chance (sport-chance.de). Durch den Verkauf von Banksy-Marketing-Artikeln wird ein Projekt gefördert, das Jugendliche in schwierigen Situationen über den Boxsport motiviert und unterstützt. Weil das Konzept unter dem Dach des Sportvereins der Stadtwerke bestens ankommt, soll es nun international ausweitet werden. 

Schließlich demonstriert gerade das Mysterium Banksy, dass der Weg zum Erfolg nicht immer über die komfortabelsten Straßen führt und selbst das kurioseste Konzept funktionieren kann. Jüngstes Beispiel wäre die gruselig-böse Trash-Version eines Freizeitparks im tristen englischen Ferienort Weston-super-Mare: „Dismaland“ zog in nur fünf Wochen rund 150 000 Besucher an, die begrenzten Kartenkontingente waren dauernd ausverkauft und brachten der Stadt 27 Millionen Euro ein. Das muss Banksy auch erst einer nachmachen.

Mehr Infos: HIER
 

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